Vortragssaal der Hochschule der Bundesbank in Corona-Zeiten ©M. Ketz

Warum Tschechien die Krone behalten will

Studierende im Lehrsaal der Hochschule der Deutschen Bundesbank ©M. Ketz
Die Veranstaltung wurde in einen benachbarten Lehrsaal und zu weiteren Studierenden im Homeoffice übertragen.
Die Sitzplätze im großen Vortragssaal in Hachenburg sind sichtbar voneinander getrennt. Alle 60 zugelassen Besucherinnen und Besucher tragen einen Mund- und Nasenschutz, ehe sie ihren zugewiesenen Sitzplatz erreichen. Vor dem Rednerpult steht eine Videokamera, mit der die Veranstaltung in einen benachbarten Lehrsaal und zu weiteren Studierenden im Homeoffice übertragen wird. Die Hochschule in Hachenburg hat die erste öffentliche Veranstaltung seit Monaten genau geplant, um möglichst vielen Interessierten Zugang zu gewähren.  

Erich Keller, Rektor der Hochschule der Deutschen Bundesbank ©M. Ketz
Rektor Erich Keller bei der Vorstellung des prominenten Gastvortragenden.
Schließlich begeht die Hochschule der Bundesbank in diesem Jahr ihren 40-jähriges Bestehen. Doch von Feierlichkeiten war in Hachenburg bisher wenig zu spüren. „Alle Festivitäten, die wir von März bis Juli geplant hatten, mussten wir wegen Corona absagen. Umso mehr freue ich mich jetzt, Sie hier begrüßen zu dürfen“, sagte Hochschulrektor Erich Keller, als er Marek Mora, den Vize-Gouverneur der tschechischen Notenbank, vorstellt. Für Mora ist es die erste Dienstreise seit Februar. Er hält seinen Vortrag in deutscher Sprache, da er mehrere Jahre – während seiner Promotion – in Saarbrücken und Leipzig gewohnt hat. Der Titel seines Vortrags lautet: „Wann kommt der Euro in die Tschechische Republik?“ 

Euro-Beitritt darstellbar, …

Marek Mora, Vize-Gouverneur der tschechischen Notenbank ©M. Ketz
Marek Mora, Vize-Gouverneur der tschechischen Notenbank, am 24. August 2020 in Hachenburg.
Die wirtschaftliche Lage in Tschechien würde einen Euro-Beitritt zulassen, erklärte Mora. Die Arbeitslosigkeit liege bei 2,7 Prozent und der Schuldenstand betrage 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und damit deutlich weniger als der Maastricht-Wert von 60 Prozent. Auch die langfristigen Zinsen lägen bei 1,5 Prozent und damit klar unter dem Schwellenwert von 2,9 Prozent. Lediglich die Inflationsrate von aktuell 3,2 Prozent würde den Schwellenwert von 1,8 Prozent übersteigen. „Allerdings führt hier meines Erachtens der Maastricht-Ansatz in die falsche Richtung. Der Referenzwert sollte sich nicht am niedrigsten Wert orientieren, sondern daran, ob die gewünschte Preissteigerung erreicht wird. Schließlich liegt sie im Euroraum unter der selbst gesteckten Zielmarke“, sagte Mora. „Wenn der Euro-Beitritt in Tschechien unser Ziel wäre, würden wir es schaffen.“ 

… aber nicht „auf dem Programm“

Für Mora überwiegen jedoch die Vorteile einer eigenständigen Währung Tschechiens. „Wir haben weiterhin die Möglichkeit, den Wechselkurs anzupassen. Das ist für eine kleine, offene Volkswirtschaft wie unsere ein Vorteil.“ Die Euro-Einführung berge die Gefahr einer höheren Inflation. Zudem seien die Zustimmungsraten in der tschechischen Bevölkerung seit Jahre niedrig. „Der Euroraum hat an Anziehungskraft verloren“, sagte Mora und führte vor allem die institutionellen Probleme eines Währungsgebiets mit 19 souveränen Mitgliedstaaten an. Der Euro-Beitritt stehe deshalb in Tschechien nicht auf dem Programm.