Foto zeigt Hanno Beck, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Pforzheim, bei seinem Vortrag in Hachenburg ©Andreas Igl

Homo oeconomicus oder Homer Simpson?

Warum arbeiten Politiker mit Verhaltensforschern? Warum ist Fehlermachen zentral für die eigene Weiterentwicklung? Zu diesen und weiteren Fragen hielt Hanno Beck, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Pforzheim, am 18. Januar 2018 einen Vortrag an der Hochschule der Deutschen Bundesbank in Hachenburg.

Foto zeigt Hanno Beck, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Pforzheim ©Andreas Igl
Hanno Beck
Dabei sprach Beck über die sogenannte verhaltensorientierte Ökonomik (englisch: "Behavioral Economics"). Diese beschäftigt sich mit irrationalem menschlichem Verhalten in wirtschaftlichen Situationen. Sie setzt also dort an, wo Menschen im Widerspruch zur Modell-Annahme des Homo oeconomicus, also des rationalen Nutzenmaximierers, handeln. Während der Homo oeconomicus beispielsweise nicht Unmengen an Donuts isst, lässt Homer Simpson sich schnell dazu hinreißen, beispielsweise weil er den Werbebotschaften nicht widerstehen kann. Homer Simpson handelt demnach ökonomisch irrational, aber menschlich.

"Die Verhaltensökonomik ist insbesondere in den letzten zehn Jahren zunehmend in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung gerückt", sagte Beck. Anhand von Beispielen von anscheinend irrational handelnden Personen motivierte Beck die Studierenden der Hochschule, das eigene Handeln im Alltag genauer zu reflektieren. Dabei erkannten die Studierenden, dass fast jeder Mensch im Alltag mittels psychologischer Tricks zu anscheinend klügeren Entscheidungen motiviert werden kann. So führen beispielsweise abschreckende Bilder auf einer Zigarettenpackung dazu, dass Menschen sich gegen den Kauf von Zigaretten und damit gegen ihre ursprüngliche Intention entscheiden. Diesen Prozess bezeichnen Expertinnen und Experten als "Nudging", was in etwa mit "Schubser" übersetzt werden kann. Dass diese psychologischen Tricks bei bewusster Falschanwendung aber auch negative Folgen haben können, zeigte Beck mit Hilfe von Beispielen aus der Finanzwirtschaft, des Gesundheitswesens sowie der Politik. Als Beispiel nannte er Verträge, die festlegen, dass Arbeitnehmer zukünftige Einkünfte für die private Altersversorge aufwenden müssen. Dazu sind Menschen oftmals eher bereit, als aktuelle Einkünfte einzuzahlen. Wird der Arbeitnehmer jedoch beispielsweise arbeitslos oder erwirbt ein geringeres Einkommen, können die eingegangen Verpflichtungen ein finanzielles Risiko darstellen. Wie interessant die Erkenntnisse aus der Verhaltensökonomik beispielsweise für Politiker seien, deutet etwa eine Stellenausschreibung des Bundeskanzleramts vor einigen Jahren an, in der gleich drei Referenten mit Kenntnissen über Verhaltensökonomik gesucht wurden.

Zudem sprach Beck über die Grenzen und Herausforderungen des Wissenschaftsgebiets Verhaltensökonomik. "Verzerrungen in der Repräsentativität der Umfragen, unterstellte Annahmen sowie eine unreflektierte Übernahme der Ergebnisse können dazu führen, dass fehlerhafte Impulse für die Entscheidungsfindung des Wissenschaftlers abgeleitet werden", erläuterte Beck. Der Einsatz von einfachen sogenannten Heuristiken ermögliche im Gegensatz dazu jedem Menschen eine unmittelbare Einschätzung der Lage. Dass Menschen in der Lage sind auch ohne umfassende Informationen Entscheidungen treffen können, zeigt ein kleines Gedankenspiel: Wirft ein Mensch einem anderen einen Stift zu, berechnet er die Flugkurve nicht etwa auf Basis historischer Daten. Stattdessen schätzt der Mensch auf Basis seiner Erfahrungen die ungefähre Flugkurve und positioniert sich entsprechend, um den Stift zu fangen.

Beck verabschiedete die Studierenden nach einer ausführlichen Fragerunde mit dem Hinweis, dass die Verhaltensökonomik die Theorie zwar bereichere. Jedoch könne man aus dieser Wissenschaft nicht ableiten, dass sich der Mensch systematisch irrational verhalte. "Kleinere Fehler gehören zum Leben dazu, um aus eigenen Erfahrungen für die Zukunft zu lernen", sagte Beck.