Im gut gefüllten und gut heruntergekühlten Vortragssaal sprach Vorständin Fritzi Köhler-Geib am wärmsten Tag 2025 über die Perspektiven der deutschen Wirtschaft. ©Dieter Roosen

Abkühlung und Aufwärtsentwicklung

Die Gewitterwolken im Westerwald verzogen sich allmählich. Das Gespräch der Studierenden mit Vorständin Fritzi Köhler-Geib setzte sich aber auch nach 21.30 Uhr munter fort. Natürlich ging es um die anstehenden Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft, aber die Fritzi Köhler-Geib appellierte auch an die Studierenden, die Chancen der Digitalisierung in Hachenburg zu nutzen – schließlich wird dieser Bereich dort im Curriculum erheblich ausgeweitet. Erst gegen 22 Uhr verließ die Vorständin die Hochschule der Bundesbank. „Es war toll, dass ein Mitglied des Vorstands sich so viel Zeit für uns genommen hat“, sagte Mara Dreier, Studentin aus dem Grundstudium, nach dem Gespräch mit der Vorständin.

Fritzi Köhler-Geib betonte, dass die Bundesbank ihren Beitrag zum Bürokratieabbau leiste. ©Dieter Roosen
Fritzi Köhler-Geib betonte, dass die Bundesbank ihren Beitrag zum Bürokratieabbau leiste.

Hohe Unsicherheit bremst

In ihrem Impulsvortrag ging die promovierte Volkswirtin zuvor auf die abgekühlte Lage der deutschen Wirtschaft ein, die sich seit der Covid-Krise in einer Seitwärtsbewegung befinde. Auch die Exportwirtschaft könne im Gegensatz zu früheren Konjunkturzyklen das Ruder nicht herumreißen, wie sie hervorhob: „2010 war Deutschland bei 240 von 5.300 Waren mit einem Marktanteil von über 30 % Weltmarktführer, heute sind es nur noch 180.“ Zudem bremse die Unsicherheiten, auch ausgelöst durch geopolitische Spannungen, die Investitionsbereitschaft deutscher Unternehmen. 

Hochschulrektor Erich Keller moderierte die Dikussionsrunde und warf den Mikro-Würfel den Fragenden zu. ©Dieter Roosen
Hochschulrektor Erich Keller moderierte die Dikussionsrunde und warf den Mikro-Würfel den Fragenden zu.

Die richtigen Anreize setzen

Mit Verweis auf kürzliche Forschungsergebnisse gehe es vor dem Hintergrunde demografischen Wandels darum, das Arbeitsangebot zu erhöhen. „Hier sehe ich vor allem Potenzial beim Ausbau der Erwerbtätigkeit von Frauen“, betonte Fritzi Köhler-Geib. Zudem müsste der Anteil der Erwerbstätigkeiten, die älter als 65 Jahre sind, von derzeit acht Prozent auf 25 Prozent erhöht werden, um die sich in den nächsten Jahren auftuende Lücke bei den Erwerbstätigen zu schließen. In Japan beispielsweise sei die Erwerbsquote von über 65-Jährigen bei 25 %. „Hier kommt es auch darauf an, dass die Politik die richtigen Anreize für die Beschäftigten setzt“, sagte Fritzi Köhler-Geib. 

Eine hohe Bürokratiebelastung hemmt zusätzlich die Wirtschaft. Die Vorständin belegte dies mit Grafiken zu Studien, die das Forschungszentrum der Bundesbank und die Kreditanstalt für Wiederaufbau erhoben hatten. „Bei mittelgroßen Unternehmen fallen etwa vier Prozent der Arbeitszeit für die Regulierungsanforderungen an“, sagte Fritzi Köhler-Geib. 

Ihr sei auch bewusst, dass die Bundesbank selbst durch ihre Tätigkeit Bürokratieaufwand verursache. Deshalb ist die Referentin, die auch für den Bereich Daten und Statistik verantwortlich ist, erfreut, dass die Bundesbank hier nun einen Beitrag zum Bürokratieabbau erbracht habe. Hintergrund: Die Bundesbank hat die Meldefreigrenze im Außenwirtschaftsverkehr zu Jahresbeginn 2025 von 12.500 auf 50.000 Euro erhöht. „Dadurch sind die Meldungen um 15 Prozent gesunken. Wir haben intern errechnet, dass dadurch bei den meldenden Unternehmen ein zweistelliger Millionenbetrag gespart wird“, betonte die Vorständin. Doch damit nicht genug. Die Bundesbank arbeite, so Köhler-Geib, gemeinsam mit anderen Institutionen auch an einem einheitlichen Unternehmensbasisdatenregisters, um eine mehrfache Erfassung von Daten künftig zu vermeiden. 

Ein weiterer Baustein zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts liege auch darin, die Digitalisierung der Prozesse und Verfahren zu stärken. Fritzi Köhler-Geib hob hervor, dass die Bundesbank künstliche Intelligenz schon im Arbeitsalltag regelmäßig nutze, beispielsweise im Risiko-Controlling oder auch bei den Reden für Bundesbankpräsident Nagel. Auch der digitale Euro biete hier ebenfalls große Möglichkeiten.

Studentin Mara Dreier stellte eine Frage zum digitalen Euro. ©Dieter Roosen
Studentin Mara Dreier stellte eine Frage zum digitalen Euro.

Eigene Möglichkeiten konsequent ausschöpfen

Eines war für sie in der Debatte zur Stärkung der deutschen Wirtschaft besonders wichtig: „Es gibt Entwicklungen, beispielsweise durch die geopolitischen Spannungen, die außerhalb der Kontrolle Deutschlands liegen. Umso wichtiger ist es, dass wir die Punkte, die wir hier selbst beeinflussen können, engagierter vorantreiben.“ 

Im Nachgang zum offiziellen Teil diskutierte die Referentin noch lange mit Studierenden der Hochschule. ©Dieter Roosen
Im Nachgang zum offiziellen Teil diskutierte die Referentin noch lange mit Studierenden der Hochschule.

Text: Matthias Endres