Vortrag von Sylvie Goulard, Vize-Gouverneurin der Banque de France, in Hachenburg ©M. Ketz

Live-Schalte nach Paris

Vortrag von Sylvie Goulard, Vize-Gouverneurin der Banque de France, in Hachenburg ©M. Ketz
Burkhard Balz begrüßt die Vize-Gouverneurin.
Natürlich hätte Bundesbank-Vorstandsmitglied Burkhard Balz die Vize-Gouverneurin der Bank de France Sylvie Goulard viel lieber persönlich in Hachenburg begrüßt. Das verdeutlicht Balz in seiner Einführung, zumal er die Französin aus gemeinsamen Zeiten im Europäischen Parlament kennt und schätzt: „Aber Corona hat uns da leider einen Strich durch die Rechnung gemacht!“ So wurde die Vize-Gouverneurin aus Paris zugeschaltet und Vorstandsmitglied Balz aus Frankfurt. Rund 250 Studierende verfolgten aus ihrem Homeoffice in ganz Deutschland gemeinsam mit den knapp 100 Studierenden und Professoren in Hachenburg, aufgeteilt auf zwei Hörsäle, die Veranstaltung. 

„Tiefgreifende Veränderungen“ 

Vortrag von Sylvie Goulard, Vize-Gouverneurin der Banque de France, in Hachenburg ©M. Ketz
Sylvie Goulard bei Ihrer Rede.
Sylvie Goulard, seit 2018 Vize-Gouverneurin der Banque de France, streift die Corona-Pandemie in ihrem Vortrag aber nur am Rande, sie geht vielmehr ausführlich auf die gesellschaftlichen Herausforderungen und ihre Auswirkungen auf die Rolle einer Zentralbank ein. Sie betont, dass der Klimawandel eine globale Bedrohung darstelle und erhebliche Konsequenzen für die Weltwirtschaft nach sich ziehen werde. Auch die Digitalisierung schreite voran. Goulard sieht mit Sorge, dass hier die Europäische Union hinter den USA und China hinterherhinke. Das gelte in gleicher Weise für die demografische Entwicklung: „Der Anteil der EU an der Weltbevölkerung wird bis 2050 zurückgehen.“ Und innerhalb der EU-Bevölkerung werde der Anteil der Menschen, die 65 Jahre und älter sind, deutlich steigen, was zu höheren Kosten, beispielsweise in der Gesundheitsversorgung, führen werde. 

„Koalition der Willigen“

„All diese tiefgreifenden Veränderungen berühren auch die Welt der Zentralbank“, betont die Vize-Gouverneurin, die ihren Vortrag in deutscher Sprache hielt. Sie verdeutlicht dies am Beispiel des Klimawandels, der zu starken Schwankungen bei Energiepreise führe und sich so in der Inflationsrate niederschlage. „Selbst wenn Zentralbanken auf Kontinuität setzen und vom Vertrauen in sie leben, müssen sie auf diese gesellschaftlichen Veränderungen reagieren.“ Als gutes Beispiel erwähnt die 55-Jährige hier das Netzwerk der Zentralbanken zu „Green Finance“ („Network for Greening the Financial System“, NGFS) an. Diese „Koalition der Willigen“ wurde im Dezember 2017 mit acht Mitgliedern gegründet, unter anderem zählten die Banque der France und der Bundesbank dazu. Heute gehören dem NGFS 69 Institutionen an. „Dort werden methodologisch komplexe Themen behandelt, für die es keine einfachen Lösungen gibt“, betont Goulard. Aber er sei wichtig, dass sich Zentralbanken mit diesem Thema befassen, weil die Finanzmärkte die negativen externen Effekte der Klimaverschmutzung bisher oft nicht ausreichend eingepreist hätten.

Lobende Worte findet sie auch für die European Payments Initiative (EPI), eine grenzüberschreitende Initiative des privaten Kreditgewerbes in fünf EU-Staaten, welche das Eurosystem unterstütze. Dass sich die Notenbanken im Eurosystem seit geraumer Zeit selbst mit der möglichen Einführung einer Digitalwährung befassen, bewertet sie ebenfalls als positiv. „Wir müssen hier vorbereitet sein, gerade weil die Zentralbanken in China und Schweden hier schon in ihren Überlegungen weiter vorangeschritten sind.“ Sorgen bereitet ihr hingegen die gerade im Zuge der Corona-Krise gestiegene öffentliche Verschuldung, die den Handlungsspielraum der Staaten beschränke.

Vortrag von Sylvie Goulard, Vize-Gouverneurin der Banque de France, in Hachenburg ©M. Ketz
Hochschulrektor Erich Keller moderierte die Diskussion.
In der folgenden Diskussionsrunde, die Hochschulrektor Erich Keller moderiert, beteiligen sich viele Studierenden via Chat. Ein Student will unter anderem wissen, wie die Vize-Gouverneurin den EZB-Strategie-Review bewerte. „Seit der Verabschiedung der letzten Strategie 2003 hat sich die Welt stark verändert, so dass dieser Prozess notwendig ist“, antwortet Goulard. Außerdem sei es für jede Institution gut, die eigene Strategie zu überdenken. Auf die Frage, welche Reformen für das Zusammenwirken im Eurosystem notwendig seien, sagt sie: „Ich befürworte alle Reformschritte, die das Vertrauen in die Währung und die Konvergenz im Währungsraum erhöhen.“ Reformen, die nur Streit hervorrufen, lehne sie hingegen ab. Da sei sie pragmatisch.