Vortragsveranstaltung der Hochschule der Deutschen Bundesbank im Schloss Hachenburg am 27.06.2013 ©Frank Rumpenhorst

Bankenunion nicht verwässern

EZB-Direktoriumsmitglied Yves Mersch hat davor gewarnt, wichtige Elemente der europäischen Bankenunion zu vergessen oder zu verwässern. "Auch wenn der Bedarf an kurzfristigen Stabilisierungsmaßnahmen nachgelassen hat, dürfen wir den Elan bei den Reformen für mehr langfristige Stabilität nicht verlieren", mahnte Mersch auf einer Vortragsveranstaltung der Hochschule der Deutschen Bundesbank auf Schloss Hachenburg im Juni letzten Jahres. Das Projekt Bankenunion, für das Mersch gemeinsam mit EZB-Vizepräsident Vitor Constancio im EZB-Direktorium zuständig ist, sei das vielleicht größte und wichtigste seit Gründung der europäischen Währungsunion, so der Luxemburger.

Vor rund 200 Gästen, darunter zahlreichen Studierenden aus Hachenburg, erläuterte Mersch die Bedeutung einer einheitlichen Bankenaufsicht und des Mechanismus zur Sanierung und Abwicklung von Banken. Diese beiden zentralen Elemente der Bankenunion bedingten sich gegenseitig und gehörten zu einem gemeinsamen Regime, unterstrich Mersch. Ziel sei es, die negativen Rückkopplungen zwischen Banken und Staatsfinanzen zu durchbrechen und damit langfristig zu einer stabilen Bankenlandschaft in Europa zu kommen.

Weg zur Stabilität

Die Vorbereitungen für den Start der einheitlichen Bankenaufsicht machen Mersch zufolge gute Fortschritte. "Die Zusammenarbeit ist sehr konstruktiv", sagte der Luxemburger. Zugleich erinnerte er daran, den vereinbarten Zeitrahmen einzuhalten. Die Vorbereitungen auf der Arbeitsebene seien voraussichtlich im September 2014 abgeschlossen. Mit einem anschließenden Start der neuen Institution rechnet Mersch daher "im September, Oktober oder November."

Neben der einheitlichen Aufsicht hob Mersch die Bedeutung einer unabhängigen Instanz für die Sanierung und Abwicklung von Banken hervor. Ohne eine Trennung von den übrigen Aufgaben der Zentralbank drohten die Aufseher in eine Zwickmühle zu geraten, da sie versucht sein könnten, Panik an den Finanzmärkten durch eine Bankenpleite zu verhindern. Indem sie angeschlagene Banken mit Zentralbankgeld künstlich am Leben hielten, drohte Mersch zufolge eine "Zombifizierung der Bankenlandschaft".

Langfristig könne eine Währungsunion nicht ohne Bankenunion funktionieren, betonte Mersch. Er erinnerte daran, dass bereits vor mehr als 20 Jahren im Rahmen der Vorbereitungen zum Maastrichter Vertrag die rechtliche Basis für eine Bankenunion geschaffen wurde. "Dass der einheitlichen Geldpolitik noch immer eine nationale Regulierung, Aufsicht und Abwicklung von Banken sowie die Einlagensicherung gegenüberstehe, sei ein Konstruktionsfehler der Währungsunion", so Mersch. Dies habe die Krise schmerzhaft offengelegt.

Unterstützung der Bundesbank

Bundesbank-Vorstand Rudolf Böhmler sicherte Mersch auf Schloss Hachenburg zu, bei der Aufbauarbeit der gemeinsamen Bankenaufsicht auf die Bundesbank zählen zu können. Der Vorstand habe entschieden, den Aufbau der einheitlichen Bankenaufsicht "nicht nur fachlich intensiv, sondern vor allem auch personell breit zu unterstützen, ungeachtet etwaiger personeller Engpässe in unserer eigenen Organisation", so Böhmler. So könnten Bundesbanker für Stellen bei der künftigen Bankenaufsicht bis zu fünf Jahre beurlaubt werden.

Böhmler betonte die Bedeutung qualifizierter Nachwuchskräfte für die Bankenaufsicht auf nationaler und europäischer Ebene. Die eigene Hochschule der Bundesbank sei dabei angesichts der teils hoch spezialisierten Aufgaben Verpflichtung und Aufgabe zugleich.

Mersch, nach eigenem Bekunden "überzeugter Anhänger des Hachenburger Modells", sprach sich für eine enge Kooperation der Hochschule der Bundesbank mit der EZB aus. Dies sei ein wichtiger Schritt zur Europäisierung der Ausbildung. "Recht haben die neuen Generationen, nicht die älteren. Deshalb ist es doppelt wichtig, dass wir der Ausbildung so viel Gewicht beimessen", so Mersch. Er plädierte dafür, die Ausbildung im europäischen statt dem nationalen Rahmen zu sehen, da dieser die Zukunft mehr und mehr bestimmen werde.