Ein Korridor für den Euroraum
Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet für 2019 das schwächste globale Wachstum seit dem Ausbruch der Finanzkrise. Globale Handelskonflikte belasten den Welthandel, was insbesondere die exportlastige deutsche Wirtschaft trifft. Dazu gesellen sich steigende Staatsschulden und der Brexit. Kurzum: unsichere Zeiten. „In diesem Umfeld sind Zentralbanken besonders gefordert“
, sagte Michael Heise, langjähriger Chefvolkswirt einer deutschen Versicherung, vor rund 200 Gästen in Hachenburg. Die Geldpolitik verfolge, so Heise, weltweit bereits seit Jahren einen stark expansiven Kurs. Die anhaltende Lockerung sei sehr effektiv darin, die Anleiherenditen zu drücken und dadurch die langfristigen Zinsen zu beeinflussen. Das gelte auch im Euroraum, wie der Referent hervorhob: „Kaum vorhandene Inflationserwartungen an den Finanzmärkten in Verbindung mit Forward Guidance und den Anleihekaufprogrammen der EZB haben den Zinsrutsch ganz wesentlich verstärkt.“
Zielmarke zu eng gesetzt
Die Inflation im Euroraum verharre aber trotz der vielfältigen unkonventionellen Maßnahmen der EZB unter dem angestrebten Zielwert der Zentralbank, der ein Wachstum der Verbraucherpreise von unter 2,0 Prozent vorsieht. Die Debatte über eine künftige Strategie in der Euro-Geldpolitik wird in den Medien rege diskutiert. Nach Ansicht Heises sei das aktuell von der EZB verfolgte Inflationsziel zu eng definiert und zu rigide. Er schlug einen breiteren Ansatz vor: „Ein Inflationsindikator, der mehrere Indikatoren, wie die Kerninflation, Eigenheimkosten und Inflationserwartungen berücksichtigt, könnte die Stabilität der Entwicklung der Geldpolitik erhöhen.“
Die Zentralbank sei dann nicht unmittelbar unter Druck, wenn sich die Inflationsrate nicht direkt im Zielpfad befinde. Er nannte auch einen möglichen Zielkorridor für die Inflationsrate, der zwischen null und drei Prozent liegen könne. Heise selbst erwartet, dass die Euro-Geldpolitik auch künftig weiterhin expansiv ausgerichtet bleiben werde, schon allein wegen der schwierigen konjunkturellen Lage.
Nichts übrig für Negativzinsen
In der folgenden Fragerunde sprach ein Student unter anderem die Diskussion über Negativzinsen an. Heise machte deutlich, dass aus seiner Sicht die Negativzinsen keine positive Wirkung entfalten würden, sie seien lediglich eine „gigantische Belastung für das Bankensystem“
. Nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung ergriffen Studierende und Professoren die Gelegenheit, um die Diskussion mit dem Referenten in kleinerer Runde fortzusetzen.
Fotos der Veranstaltung