Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DEKA-Bank, bei einem Vortrag in der Hochschule der Bundesbank in Hachenburg ©Matthias Ketz

Ulrich Kater: "Der Euro ist ein Prozess und kein Ergebnis"

"Als ich hierher in den idyllisch gelegenen Westerwald gefahren bin, habe ich mir gedacht: Das ist doch der richtige Ort, um systematisch über die Entwicklung in der Geldpolitik und Währungsordnung nachzudenken!" eröffnete Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka Bank, seinen Vortrag vor knapp 200 Studenten, Bankern und Kommunalpolitikern in der Hochschule der Deutschen Bundesbank in Hachenburg. Beim Thema Geldpolitik ging Kater auf die Situation im Euro-Währungsraum ein, die im ersten Halbjahr 2015 von der Griechenland-Krise dominiert worden sei. "Man kann sagen, dass die Syriza-Regierung zu Beginn dieses Jahres weltfremd und politisch unseriös gehandelt hat. Aber man kann genauso gut behaupten, dass die Regierung den Finger in die Wunde der Währungsunion gelegt hat", sagte der Ökonom. Aus Sicht von Kater ist die Maastricht-Konstruktion ein Abenteuer. "Der Euro-Raum ist eher ein rigides Festkurssystem als eine echte Währungsunion. Viele Ökonomen haben dies bereits nach der Unterzeichnung des Maastricht-Vertrages angeprangert", so die Einschätzung Katers.

Politische Anpassung fehlt im Euro-Raum

Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DEKA-Bank, bei einem Vortrag in der Hochschule der Bundesbank in Hachenburg ©Matthias Ketz
Die Wechselkurse als Anpassungsmechanismus seien im gemeinsamen Währungsraum entfallen, die politische Anpassung, um die realwirtschaftlichen Ungleichgewichte aufzulösen, fehle aber. Künftig sei eine echte politische Integration notwendig, um die gemeinsame Währung dauerhaft am Leben zu halten. Katers Fazit: "Der Euro ist ein Prozess und kein Ergebnis." Auf die Frage, wann die Griechenland-Frage gelöst sei, sagte er: "Nie, wenn die politische Integration so bleibt, wie sie jetzt ist."

Aus Sicht von Kater hat es trotz der mangelnden politischen Integration in den vergangenen drei Jahren erstaunliche Entwicklungen hin zu einer Zentralisierung in Europa gegeben: Ernannte hierzu den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und die gemeinsame Europäische Bankenunion. "Aber die eigentliche Zentralisierung findet durch die EZB statt. Sie hat mit der Überschreitung ihres Mandats durch das OMT-Programm eine Aufgabe übernommen, die ihr nicht zusteht - und ohne dass die Politik da in irgendeiner Weise nachgezogen wäre", erklärte der Chefvolkswirt.

Geldpolitik wird überschätzt

Ulrich Kater im Gespräch mit Erich Keller und Studenten ©Matthias Ketz
Auch global sieht Kater die Rolle der Zentralbanken kritisch, gerade im Zusammenhang mit der Niedrigzinspolitik: "Wer meint, die Geldpolitik kann Wachstum schaffen, irrt sich. Da kann man lange Geld pumpen. Das führt letztlich vor allem zu einem Vertrauensverlust für die Notenbank." Dies sei in Japan zu beobachten, wo die Notenbank nicht mehr aus der Nullzinsphase herauskomme - und auch in den Vereinigten Staaten sei der Rückzug aus der überaus expansiven Geldpolitik ein schwieriges Unterfangen.